Das war eine schöne und interessante Veranstaltung gestern: Im Rahmen des BestOFF-Festivals (für das wir uns mit BEN X beworben hatten) gab es eine Runde zum Thema »Game Theater« im Pavillon.
Nach einem sehr guten und informativen Impulsvortrag von Christian Rakow (Redakteur von nachtkritik.de und Theaterkritiker u.a. für Theater heute und die Berliner Zeitung) waren wir (außer mir noch Pulk Fiktion und thermoboy fk) unter der Moderation von Birte Werner (Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel) dann zum Gespräch und zur Vorstellung unserer jeweiligen Arbeiten gebeten.
Wir waren alle sehr gespannt, wie viele Leute so kommen würden, aber es füllte sich ganz gut und ich konnte in viele bekannte Gesichter blicken - vor allem, da sehr viele DS-Studenten im Publikum saßen (wie fleißig da überall während des Impulsvortrags mitgeschrieben wurde!), unter anderem z.B. auch Timo und Lukas.
Ich hatte mich im Vorfeld für meine Präsentationsdatei natürlich mal wieder totgearbeitet (wenn schon, denn schon - is ja klar), letztlich blieb es dann aber - trotz des großen Aufwands mit 4 Laptops und Beamer etc. - dabei, dass jeder von uns nur seinen Trailer präsentierte und dann blieb es beim Gespräch.
(Dafür habe ich aber einen neuen, etwas »theatraleren« Trailer gebastelt, den ihr oben sehen könnt - so hab ich dann doch auch längerfristig was von dem Aufwand. Nachhaltigkeit!!!)
Sehr lustig fand ich mal wieder die erkennbare Diskrepanz zwischen Theaterwissenschaft und -realität: Letzten Endes war anscheinend keiner von uns dreien so richtig Ansprechpartner für »Game Theater« in der Form, wie es zuvor von Christian Rakow beschrieben wurde. Unsere Produktion war ja ohnehin dieses Mal nicht interaktiv (was das Publikum angeht), den Jungs von thermoboy wurde das interaktive Abstimmungsprinzip auch nur von einer befreundeten ExMachina-Regisseurin ins Konzept geschrieben und auch Hannah von Pulk Fiktion meinte, dass sie ihr Projekt eher als »Erfahrungsraum« und weniger als »Spiel« empfindet.
Sowieso war bei uns dreien eigentlich das vorherrschende Interesse eher im narrativen Bereich, wie sich im Verlauf des Gesprächs heraus stellte.
Was ja aber auch sowieso ein Grundgefühl von mir ist, zur Zeit: Ich glaube schon, dass meine Generation sich eher wieder Richtung »Geschichte« orientiert - gleichzeitig aber auch mit einem großen Schwerpunkt auf »Austausch«.
Das ist auch mein Verständnis von dem, was Rakow im Vortrag als das »ludische Zeitalter« beschrieb: Homo Ludens sind wir ja alle sei jeher, aber ich glaube, es geht momentan eher um Formen der »Partizipation«, also Teilhabe in irgendeiner Form. Das kann auch ein sehr involvierender »klassischer« Theaterabend sein, in dem ich mich aber wiederfinden kann und mit dem ich mich auseinandersetzen muss, den ich also nicht nur »konsumieren« kann. Aber eben auch das Interesse, insgesamt mehr daran teilzuhaben. Durch die Technologie und das Internet sind wir inzwischen gewohnt, eine gewisse Form der Teilhabe oder der Mitentscheidung zu haben.
Ich muss immer wieder an das Beispiel OnDemand-TV denken: Zunehmend sind wir damit unzufrieden, das vorgefertigte TV-Programm zu konsumieren (auch noch mit den störenden Werbeunterbrechungen bei den privaten Sendern) - auch wenn wir uns über Traditionen freuen, wie dass um 20:15 einfach immer die Tagesschau läuft (und es soll ja auch einige Leute geben, die Tatort gucken) ;) - und steigen vermehrt auf das OnDemand-Angebot von Netflix und Co. um. Was dort dann aber großen Erfolg hat, sind wieder »Geschichten« - gutes, kluges, forderndes und zeitintensives Erzählen.
Und als junge Theatermachergeneration haben wir heutzutage den Luxus, auf eine Vielzahl an Erzählformen zugreifen zu können, aus denen wir die jeweils richtige für unser jeweiliges Projekt herausziehen können.
Der Trend in der jüngeren Generation scheint mir auf jeden Fall wieder mehr in die inhaltliche als in die formale Richtung zu gehen - was nicht heißt, dass dabei nicht auch mal wieder zufällig etwas ganz neues entstehen kann und wird.
Aber eben: Die Runde war für mich wieder ein gutes Beispiel dafür, dass die eigentlich Theaterarbeit und Projektentstehung sehr wenig mit der wissenschaftlichen Nachdeutung zu tun hat.
Eines der lustigsten Beispiele in dem Zusammenhang ist für mich immernoch ein Gespräch mit einem Bühnenbildner über ein Projekt an den Sophiensälen in Berlin, bei dem ich die vereinzelt herabhängenden Jalousien gelobt hatte, die für mich als Bild sehr passten und viel erzählten - und als Antwort zum Ursprung der Idee kam sowas wie: »Wir hatten die einfach noch irgendwo rumliegen.«
So kann's machmal auch gehen! :)