...ist es geschafft und unsere Anträge für das kommende Jahr sind gestellt! Hooray!
Es ist immer wieder ein ordentlicher Berg (nicht nur aus Papier und Druckerpatronen), den man da erklimmen muss - aber ehrlich gesagt: Inzwischen mag ich dieses Spiel von »Förderer überzeugen« auch irgendwie...
Es geht ja eigentlich gegen soviel, was Kreativität ausmacht - jedenfalls bei mir.
Normalerweise kriege ich irgendeine Idee und bin dann erstmal schnell Feuer und Flamme und sehr »unbedingt«, und je länger ich mir mit der Umsetzung Zeit lasse, je länger ich warte, um so mehr kommt wieder der alte, runzelige und Stirn runzelnde innere Kritiker hervor und nörgelt (oft genug erfolgreich) an allem herum... bis man es dann all zu oft doch nicht macht. (Oder man hat das Glück und hat die richtigen äußeren Stimmen, die einem in den Hintern treten.)
Aber hier geht es ja immer um ein möglichst mitreißendes, überzeugendes Ausformulieren einer (manchmal auch nur halben) Idee, die man dann (vielleicht!) erst in einem Jahr - oder eben überhaupt nicht - umsetzen darf. Das ist natürlich sehr absurd - und vor allem kommt es immer, die Werber werden es kennen, einer Art »kreativem Pitch« gleich, für den man im bödesten Fall nichts zurück bekommt und der erstmal nur große, unbezahlte Vorarbeit bedeutet.
Aber manchmal finde ich's tatsächlich ganz gut, als alter Prokrastinierer (oder Schisser), gezwungen zu sein, eine Idee schon so weit im Vorfeld formulieren zu müssen. Es zwingt einen, sich zu konkretisieren, nach dem zu suchen, was man denn wirklich erzählen will - und tatsächlich schrauben sich da manchmal schon ein paar ganz neue, schöne Ideen beim Schreiben zusammen, die man (natürlich) am liebsten sofort umsetzen wollen würde.
Aber nein.
Erstmal heisst es jetzt warten. Und Daumen drücken.
(Bitte drückt mit! Kann cool werden, glaube ich!) ;)
Ich weiß von Freunden und Kollegen, dass viele auf dieses Förder- und Antragssystem schimpfen. Und ja, auch ich fände es sehr wünschenswert, wenn wir zukünftig irgenwie alle gemeinsam die Kulturpolitik und Institutionen davon überzeugen könnten, ein anderes Fördersystem zu etablieren. Eines, das den Künstlern eher Freiraum und Möglichkeit bietet, ohne schon so früh im Vorfeld ein möglichst ausformuliertes, konkretes »Produkt« einzufordern.
Manchmal hat dieser Prozess wenig mit Kreativität, Freiheit oder Kunst zu tun. Eine freiere Methode Projekte zu fördern, würde vermutlich sehr viel mehr direkten Austausch, Gespräch, Fantasie und Risikobereitschaft seitens der förderenden Stellen erfordern. (Mir fallen auch Begriffe wie «Mut«, »Vertrauen« und »ganz konkrete Auseinandersetzung und Begegnung mit den Akteuren« als Begriffe ein.)
Das ist natürlich alles schwer zu leisten, gerade bei der Fülle der Anträge und Projektideen.
(Und toller Weise gibt es ja auch viele von uns und Euch, die mit an der ganze Grundsituation arbeiten und sich für die Belange von z.B. Freiem Theater einsetzen - die ganzen tollen Menschen der Bundes- und Landesverbände zum Beispiel. Oder die ehrenamtlichen Herr- und Damenschaften, die es sich antun, die ganzen Anträge überhaupt - und hoffentlich gründlich! ;) - zu lesen.) (Zumindest hier.)
Und ja, auch das Argument, dass es irgendwie nicht richtig erscheint, dass man sich die ganze kreative Vorarbeit unbezahlt leisten (können) muss, um VIELLEICHT später dafür belohnt zu werden (oft genug auch nicht) hat seine Richtigkeit...
Und jetzt geht schon wieder der innere Kritiker an und fragt sich, welche Position ich denn hier eigentlich vertrete und ob das kulturpolitisch alles so »klug« ist, was ich hier schreibe ... aber - Ruhe jetzt! - manchmal finde ich es tatsächlich einfach ganz gut, mich und meine Ideen im Vorfeld »beweisen« zu müssen, damit jemand mir und meinem Team dafür Geld gibt und sagt: »Mich habt ihr überzeugt, macht das mal!«
Manchmal kann es einen wirklich dazu zwingen, sich intensiv - auch schon weit im Vorfeld - mit Ideen / Gespüren / halben Sachen auseinandersetzen zu müssen, sie und sich selbst konkretisieren zu müssen. Und das kann, zumindest geht es mir so, schon früh zu einer aktiven Unbedingtheit führen. Die mich dann (ob ich Geld dafür bekomme oder nicht) auch weitaus mehr für meine Ideen kämpfen lassen kann - und durch die ich auch meinen Besuchern und Zuschauern sehr deutlich vermitteln kann, warum das da gerade auf dem Spielplan stehen MUSS.
...
Ich drücke Euch/uns allen und all Euren/unseren Ideen überall alle Daumen!
Antragsblock 2015
Es ist geschafft - nach vielen Wochen im Mulch (der erst in den letzten Tagen einen publikumstauglichen Reifegrad erreicht hat) sind wir nun erfolgreich mit dem Projekt »Der Bau oder die Gründung des Fight Club Dachs« gestartet. Keine leichte Geburt, aber eben auch kein leichtes Thema, bzw. Konstrukt. Nun bin ich sehr gespannt, was unser Publikum so aus dem Abend macht - unsere Produktionsbegleitungen waren auf jeden Fall allesamt schon sehr spannend und reich an Diskussionslust. Ich denke mal, sobald wir unsere Kräfte wieder gesammelt haben, sollten wir wieder einmal einige Nachgespräche veranstalten.
Aber fürs erste heisst es jetzt erstmal: Erholung! Denn übermorgen toben die Dachse wieder durch den Mulch.
So, es ist geschafft! Nach sieben intensiven Woche ist letzten Freitag und Samstag unser »Raskolnikow« endlich an den Start gegangen - und auch mit einigem Erfolg, wie uns nicht nur der tolle Applaus sondern heute auch die HAZ-Kritik bestätigte:
»...Kußmann lässt Raskolnikows Mordmotive auf die von heutigen Überzeugungstätern prallen. Immer mehr gelingt es im Verlauf der Inszenierung, die Gedankenwelten von Attentätern der vergangenen 15 Jahre in jene der Hauptfigur Rodja zu schieben – eine klare Unterscheidung wird unmöglich. Die Gemeinsamkeiten überzeugen: Die taumelnde Suche nach Halt in einer entfremdeten Gesellschaft oder das Hadern mit größenwahnsinnigen Erlöserfantasien. Jonas Vietzke lässt das beständige Kippen seines Rodja zwischen Wut, Verzweiflung und Ausweglosigkeit beeindruckend greifbar werden. Auch Achmed Ole Bielfeldt und Rebecca Junghans spielen eindringlich und suggestiv – als Rodjas Bezugspersonen Rasumichin und Sonja erlauben sie Perspektiven auf den Täter vor und nach dessen Morden...«
Mehr gibt's hier zu lesen.
Auf geht's nun also in die weitere Vorstellungen! Wir freuen uns, wenn ihr vorbeischauen mögt! :*